Einleitung: Lebensqualität beginnt auf der Straße
Straßen sind zentrale Bestandteile unseres Alltags und prägen das Leben in Städten und Gemeinden. Sie sind die Orte, an denen Menschen sich fortbewegen, begegnen und ihre Umgebung erleben. Doch häufig steht ihre Funktion als Verkehrsraum im Vordergrund, was die Lebensqualität in vielen Gemeinden beeinträchtigt. Der „Healthy Streets“-Ansatz bietet ein systematisches Konzept, um Straßen menschenfreundlicher zu gestalten und den Bedürfnissen aller – insbesondere von Familien, Kindern und älteren Menschen – gerecht zu werden.
Was ist der „Healthy Streets“-Ansatz?
Der „Healthy Streets“-Ansatz wurde von der britischen Gesundheits- und Stadtplanungsexpertin Lucy Saunders entwickelt. Er basiert auf zehn Indikatoren, die beschreiben, wie gesund und lebenswert eine Straße ist. Dazu gehören unter anderem:
• Saubere Luft: Ein niedriger Schadstoffgehalt fördert die Gesundheit aller Anwohner:innen.
• Menschenfreundliches Design: Straßen sollten barrierefrei, sicher und angenehm zu nutzen sein.
• Sitzmöglichkeiten und Verweilmöglichkeiten: Straßen sollten Orte bieten, an denen Menschen verweilen können.
• Sicherheit: Sowohl reale als auch gefühlte Sicherheit sind essenziell, damit Menschen sich wohlfühlen.
• Aktive Mobilität: Fußgänger:innen und Radfahrer:innen sollten sich leicht und sicher bewegen können.
Der Ansatz zielt darauf ab, Straßenräume so zu gestalten, dass sie die Gesundheit fördern, soziale Interaktionen erleichtern und die Umweltbelastung reduzieren.
Warum ist der Ansatz wichtig?
Die Gestaltung von Straßen hat direkte Auswirkungen auf die Gesundheit, die Gemeinschaft und die Umwelt:
1. Förderung der Gesundheit: Eine gesunde Straßenumgebung ermutigt Menschen, sich aktiv zu bewegen, sei es zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Dies wirkt gesundheitlichen Problemen wie Bewegungsmangel, Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen entgegen.
2. Stärkung der Gemeinschaft: Straßen, die Begegnungen und Verweilen fördern, schaffen Möglichkeiten für soziale Interaktionen und stärken das Gemeinschaftsgefühl.
3. Schutz der Umwelt: Weniger Autoverkehr und mehr Raum für nachhaltige Mobilität tragen zur Reduktion von CO₂-Emissionen bei und verbessern die Luftqualität.
4. Inklusivität: Gesunde Straßenräume sind für Menschen aller Altersgruppen, unabhängig von ihrer Mobilität oder ihrem sozialen Hintergrund, zugänglich und einladend.
Praktische Ansätze für Gemeinden
Jede Gemeinde kann den „Healthy Streets“-Ansatz in der Planung und Umgestaltung von Straßenräumen anwenden, unabhängig von Größe oder finanziellen Mitteln. Hier einige konkrete Maßnahmen:
1. Verkehrsberuhigung: Die Einführung von Tempo-30-Zonen oder autofreien Bereichen kann Sicherheit und Lebensqualität erheblich steigern. Beispiele wie die Umgestaltung der Mariahilfer Straße in Wien zeigen den Erfolg solcher Maßnahmen.
2. Mehr Platz für aktive Mobilität: Breitere Gehwege, gut ausgebaute Radwege und sichere Übergänge schaffen Raum für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen.
3. Grünflächen und Beschattung: Begrünte Straßen verbessern das Mikroklima, binden Feinstaub und bieten Schutz vor Hitze – ein wichtiger Aspekt angesichts des Klimawandels.
4. Pilotprojekte: Temporäre Maßnahmen wie Pop-up-Radwege oder autofreie Tage sind eine vielversprechende Möglichkeit, neue Ideen kostengünstig zu testen.
5. Infrastruktur für Verweilen: Sitzgelegenheiten, Trinkwasserstationen oder kleine Parkflächen laden zum Verweilen ein und steigern die Aufenthaltsqualität.
Zur Umsetzung gibt es unterschiedliche Tools, die frei zur Anwendung zur Verfügung stehen.
Bürger:innenbeteiligung: Ein Schlüssel zum Erfolg
Der Erfolg des „Healthy Streets“-Ansatzes hängt entscheidend von der Beteiligung der Bevölkerung ab. Gemeinden sollten Bürger:innen in den Planungsprozess einbinden, etwa durch Workshops, Umfragen oder gemeinsame Spaziergänge. Dies ermöglicht es, die Bedürfnisse der Menschen vor Ort zu berücksichtigen und Akzeptanz für die Maßnahmen zu schaffen.
Lebenswerte Straßen für eine bessere Zukunft
Der „Healthy Streets“-Ansatz bietet eine systematische und praxisnahe Grundlage, um Straßenräume menschenfreundlicher zu gestalten. Gemeinden können durch gezielte Maßnahmen nicht nur die Lebensqualität ihrer Bürger:innen steigern, sondern auch aktiv zum Klima- und Gesundheitsschutz beitragen. Jede Gemeinde hat das Potenzial, lebenswertere Straßen zu schaffen. Es beginnt mit kleinen Schritten, wie der Schaffung sicherer Gehwege, und kann in langfristige Projekte wie die Umgestaltung ganzer Straßen münden.